Violetta Richard | Mein rein Schwein Sein

13.04.2018 Eröffnungsrede
Zur Webseite von Violetta Richard

Dieser Titel wirft in mir Fragen auf. Fühle mich persönlich in
meinem DaSein hinterfragt. _ Im Hier und Jetzt. _ Und
hoffentlich auch im morgen. _ Denn darum geht es doc
eigentlich. _ Verantwortung zu übernehmen in seiner
reinsten Form. _ Sich selbst und seiner Umwelt bewusst zu
werden. sich selbst und seinem Gegenüber Klarheiten zu
verschaffen und somit nach bestem Wissen und Gewissen zu
handeln.

Schon in diesem Punkt fühle ich mich ertappt. _ Wir leben in
einer Zeit, in der 3,5 Mrd. Menschen Zugang zum Internet
haben und somit in Sekundenschnelle auf Informationen
zurückgreifen können. _ Global! _ Bedeutet soviel wie _
die Hälfte der Menschheit hat nur noch wenige Ausreden, die
Dinge nicht zu wissen.

Doch das System ist absurd _ und für die breite Masse nicht
durchschaubar. _ An diesem Punkt schlägt immer wieder die
Kunst den Bogen, tastet sich über andere Wege an Themen
heran _ überdenkt _ und führt uns über ungewohnte
Blickwinkel zu einer neuen Sichtweise.

Berit Jägers Arbeit reflektiert uns die Wirklichkeit _ entrückt
die Dinge, so wie wir sie sehen, Ihrem eigentlich bestimmten
Zustand. _ Sie zeigt uns auf eine sehr berührende Art und
Weise _ eine scheinbar parallel existierende Welt. Strukturen
werden in ihre Einzelteile aufgelöst und vor unseren Augen
neu zusammengesetzt. Unsere Sehgewohnheiten werden auf
die Probe gestellt. Wir können uns davon abwenden oder uns
die Frage stellen, was hat das mit mir zu tun.

Kunst schafft viele Zugänge. Kunst erschafft und forscht.
Nicht immer bequem. Vielleicht aber ist die Realität an sich
so verrückt, dass wir nicht alles als wahr annehmen können.
Immerhin ist es Forschern 2017 erstmals gelungen transgene
Wesen aus Mensch und Schwein im Leib eines Schweines zu
erschaffen. _ Die Kunst in all ihren Facetten kann nicht anders
als den Dingen auf den Grund zu gehen. In einer Zeit in der
oft das Virtuelle so nah am Realen gebaut ist, wird der
Betrachter herausgefordert genau hinzusehen.

In der Kulturgeschichte der Menschheit spielen Schweine
eine sehr vielfältige und auch widersprüchliche Rolle. Sie
bevölkern Legenden, Mythen und Märchen, gelten den einen
als »unrein« und werden von anderen als wertvolle Nahrung
und Glücksbringer geschätzt _ sie sind Sinnbilder des
Wohlbefindens, der Wollust und der Fruchtbarkeit _
Opfertiere und Göttergestalten _ und Schweine beflügelten
so manchen Künstler in seinem Schaffen _
_ und als Künstlerin habe ich dann im Netz weiter
recherchiert _ über das Schwein _ und wurde fündig.
Dokumentationen wie „Schweine für den Müllcontainer“
(2013, 3sat), „Schöne neue Landwirtschaft – Bayer und
Monsanto (planet/e, zdf), „Roundup das stille Gift“ (zoom,
zdf) „Gift im Acker – Glyphosat, die unterschätzte Gefahr“
(die story, wdr) es geht endlos weiter. Schön war das nicht!
Letzteres könnte auch heißen, das Gift in uns.