GeschlechtsMensch

Identitätsspiel

“Wir sind viele” singen Tocotronic in ihrem gleichnamigen Lied. Jede Person muss täglich seine Rolle wechseln, muss Vater, Mutter, Liebhaber*in oder Lehrer*in sein. Andererseits steht es jedem Menschen frei, sich einmal “anders” zu verhalten und neue Blickwinkel zu erproben.

Berit Jäger beschäftigt sich schon lange mit Rollenbildern.

In dreidimensionalen Videoinstallationen verarbeitet Jäger ihre eigene Rolle als Frau, Mutter und Künstlerin in der sie jeweils umgebenden Gesellschaftsform. In ihren Video- und Fotoarbeiten sprengt sie dieses Rollenverständnis und stellt es durch absurde Häufungen ihrer Selbst in Frage.

Mit “Ben Ce” und “Berina Bergen” führt sie diesen Themenkomplex auf eine andere Ebene. Sie hat sich zwei andere Identitäten erschaffen, beide künstlerisch tätig: Ben Ce ist Informatiker und an Strukturen interessiert, Berina Bergen eine kinderlose Angestellte, die handfest bleibt und sich in der Kunst selbst verwirklicht.

Diese künstlerische Strategie ist langfristige Performance und der Versuch, etablierte Rollenmuster zu hinterfragen. Bewusst werden hier Klischees bedient – weil die Künstlerin selber sich diesen Klischees ausgesetzt sieht. Als Frau trifft sie auf einen Kunstbetrieb, der männlich dominiert ist. Vermeintlich “weibliche” Themen und Mentalitäten werden belächelt, Dominanzverhalten gefordert.

Also hat Berit Jäger mit Ben Ce und Berina Bergen eben diese beiden Pole – Mann/Frau, rational/emotional, Geist/Körper – künstlerisch artikuliert und ausgelagert. Die Anverwandlung findet auch körperlich statt: “Ich fühle mich anders, wenn ich Ben Ce bin. Ich gehe anders, sitze anders”, berichtet die Künstlerin. Das Rollenspiel dient ihr so als Selbstexperiment und Strategie, um den Kunstbetrieb zu karikieren.